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Interview mit Robert Mischke: „Wissensmanagement ist mehr als Dokumente in Ordnern“ – Ein Gespräch über die Zukunft des persönlichen Wissensmanagements

In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz unseren Alltag zunehmend prägt, stehen wir vor der spannenden Frage: Wie werden wir in Zukunft unser persönliches Wissen organisieren und managen? Ein Gespräch mit Robert Mischke, Software-Entwickler und Gründer von memucho, der nicht nur über die Gegenwart des Wissensmanagements nachdenkt, sondern aktiv an seiner Zukunft arbeitet. Ein Gespräch über persönliches Wissensmanagement, die Rolle von künstlicher Intelligenz und seine Vision einer intelligenten Wissensorganisation.

Wie sieht dein persönlicher Ansatz zum Wissensmanagement aus?

Mein Eindruck ist, dass für die meisten Menschen persönliches Wissensmanagement bedeutet, Dokumente zu organisieren, also Zettelkasten. Und da habe ich wie viele, die das betreiben, eine Reihe von Tools, die auch mal hin und wieder wechseln, mit denen ich Dokumente organisieren kann. Das ist eine Mischung aus OneNote, Notion, Evernote, Obsidian. Dann gibt es noch andere Quellen wie E-Mail Tools, konkret Gmail. Google Drive ist immer noch dabei.

Du entwickelst selbst eine Wissensmanagementsoftware. Was macht sie besonders?

Was wir bauen, ist Informationsmanagement plus ‚Definiere, was du gerne können möchtest‘. Und wir zeigen dem Nutzer an, wo er denn steht. Und dieses Feedback, wo er steht, geben wir über Lernfragen, die er selbst beantwortet. Beantwortet er die Fragen richtig, dann weiß er, dass er einen bestimmten Themenbereich kann.

Man kann Wikis zu eigenen Themen erstellen. Wir geben den Nutzern aber auch die Möglichkeit zu sagen ‚Ein Wiki, was ich hier gefunden habe, ist für mich interessant. Das möchte ich gerne in mein Wiki integrieren oder möchte das einfach gerne bei mir mitverwalten.‘ Das heißt, fremde Quellen sind genauso relevant wie selbst erstellte Inhalte.

Wie ist die Bedeutung deines Wikis für dich persönlich?

Riesig, weil ich damit meinen Alltag organisiere und weil ich da lustige Ideen sammle und mich vorbereite, auf die nächsten Monate, Jahre oder Sachen Revue passieren lassen kann. Es ist viel MEHR als ein Tagebuch. Ich definiere vieles, ich finde vieles über Schreiben heraus. Problemlösen ist bei mir meistens aufschreiben und sammeln und zusammenstellen. Wenn jetzt alles weg wäre, wäre das dramatisch. Allerdings würde ich auch sofort von vorne anfangen.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in deinem Arbeitsalltag?

Den ganzen Tag nutze ich KI-Tools. Für Quelltext, Texte, Anschreiben, Anfragen, Antworten, alles. In der Softwareentwicklung machen das ja die meisten. Das ist so normal. Tatsächlich verdrängen LLMs Suche immer mehr. Also es wird immer seltener, dass ich Google aufrufe. Meistens nutze ich ChatGPT, aber auch andere Modelle.

Was macht für dich gutes Wissensmanagement aus?

Ich bin immer wieder verwundert darüber, dass persönliches Wissensmanagement noch nicht über Dokumentenmanagement hinausgegangen ist. Bei Wissensmanagement ist ja so ein großes Wort. Und dann, wenn man guckt, was Wissensmanagement ist, ist es halt ‚lege Dokumente in Ordnerstrukturen ab‘. Ich wünsche mir mehr als Dokumente in Ordnern.

Was kann ich? Was möchte ich gerne wissen? Wo will ich mich gerne hin entwickeln? Auf welchem Niveau möchte ich das gerne? Warum möchte ich das gerne? Also diese Metaebene in Ziele setzen, langfristig Kompetenzen aufbauen. Das als lebenslange Begleitung zu haben.

Wie gehst du mit dem lebenslangen Lernen um?

Das lebenslange Lernen ist ein bisschen archivieren, was man schon mal gemacht hat. Also irgendwie so Anker schaffen, Erinnerungen schaffen. Das meiste, was ich lerne, ist schon beruflich und da sehe ich es ja jeden Tag, da ist mein Bedarf immer sehr konkret, dass ich meine Aufgaben lösen kann.

In der Softwareentwicklung ist meistens eine Mischung aus verschiedenen Quellen wichtig. Eine Dokumentation ist immer ein sehr guter Ort. Einige Themen wie Software-Architektur sind am besten in Büchern zu finden. Bei Brot-und-Butter-Themen wie technischen Standards oder Programmiersprachen sind es Onlinekurse, aber auch ein bisschen nach Tagesform. Ich wechsle die Medien kreuz und quer und abhängig vom Bereich und vom Angebot.

Siehst du auch Risiken in der zunehmenden KI-Integration?

Ich kann Szenarien konstruieren, wo das ein Problem ist. Und ich kenne auch generell Argumente, warum Leute davor Angst haben. Aber ich habe den Eindruck, dass die meisten Leute immer aus ein bisschen Unwissenheit Angst haben und dass sie den Systemen nicht vertrauen.

Ich mache mir persönlich wenig Sorgen, was die Risiken von KI angeht. Die Technik selbst ist nicht das Problem; wichtiger sind die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sie genutzt wird. Natürlich gibt es rechtliche Unsicherheiten, vor allem urheberrechtliche, die auch uns betreffen können.

Wie siehst du die Zukunft des persönlichen Wissensmanagements?

LLMs können krasse Assistenten sein, indem sie Informationen in Echtzeit bereitstellen und Antworten auf alles geben, was einem passiert ist. Alles, was ich konsumiere und alles, was ich höre und was ich sehe, darauf kann ich zugreifen. Und jetzt kann ich Akzente setzen. Jetzt kann ich meinem Assistenten sagen, meinem digitalen Assistenten: Ich interessiere mich für eine bestimmte Art von Thema. Hier möchte ich gerne Wissen aufbauen und er berät mich darin.

Der einzige Grund, warum das noch nicht da ist, ist eine begrenzte Rechenzeit. Die Software ist billig. Also dieses dauerhafte Erfassen, dieses dauerhafte Abfragen, da müsste man eben die API-Kosten dafür bezahlen. Wenn das wirklich gut ist, würde ich Geld dafür ausgeben, einen permanenten Assistenten zu haben.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Sehr spannend, danke für das Interview. Ich denke tatsächlich auch, dass es über „Ordnerstrukturen“ hinausgeht. Ich kriege es allerdings noch nicht in Worte gefasst.

    Liebe Grüße und danke fürs Vorbeischauen auf meinem Blog!
    Marita

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