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Interview mit Sabrina Wagner: „Man darf das selber Denken nicht vergessen“ – Ein Gespräch über Wissensmanagement und die Balance zwischen Mensch und Maschine

Im digitalen Zeitalter, in dem Künstliche Intelligenz unsere Arbeits- und Lebenswelt beeinflusst, gewinnt ein gut strukturiertes persönliches Wissensmanagement an Bedeutung. Sabrina Wagner, Beraterin im Wissensmanagement, gibt Einblicke in ihre Strategien zur optimalen Wissensorganisation und spricht über die Rolle der Künstlichen Intelligenz in diesem Prozess.

Wie organisierst du dein persönliches Wissensmanagement?

Als Einpersonenunternehmen, das alle Abläufe selbst steuert, ist es für mich essenziell, Wissensprozesse zu etablieren. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit war das herausfordernd, denn vom Angestelltenverhältnis zur eigenverantwortlichen Organisation zu wechseln, erforderte eine Neuausrichtung. Ich musste lernen, wie ich mein Wissen am besten verarbeite und speichere. Eine Mischung aus digital und analog hat sich hier für mich als optimal erwiesen. Während ich kreative Einfälle und Strategien, die das ‚Big Picture‘ betreffen, auf Papier notiere, finden operative Details und Daten ihren Platz in digitalen Tools. Beispielweise nutze ich für die Zusammenarbeit mit anderen gerne Notion. Dringende Aufgaben habe ich dagegen oft auf stinknormalen Post-Its. So sind sie immer präsent.

Wie integriert sich Künstliche Intelligenz in dein Wissensmanagement?

Seit ich meine ersten Berührungspunkte mit KI hatte, erprobe ich deren Einsatz im alltäglichen Geschäft. Besonders ChatGPT sind für die Texterstellung und das Kreieren von Werbematerialien nützlich. Alles, was mir Arbeit abnimmt und Zeit spart, was die AI löst, ist natürlich super. Doch eine lehrreiche Erfahrung hatte ich mit meinem speziell trainierten AI-Modell, das von einem Tag auf den anderen seinen Dienst quittierte. Diese Herausforderung unterstreicht die Wichtigkeit, nicht ausschließlich auf Technik zu bauen. Und es ist schon ein Unterschied bei den Texten bemerkbar. Meine Lehre daraus ist, dass eine gesunde Balance zwischen menschlicher Kreativität und maschineller Effizienz die größte Stärke darstellt.

Welchen Herausforderungen begegnen Kunden bei der Implementierung von Wissensmanagement-Systemen und KI-Lösungen?

Bei den Mitarbeitenden herrscht oft Skepsis gegenüber technologischen Neuerungen. Vor allem, wenn es darum geht, ihr Wissen digital zu teilen, gibt es Bedenken. Viele fürchten den Verlust von Kontrolle über ihr Wissen oder die eigene Bedeutung im Unternehmen. Auch die Sorge, dass KI ihre Arbeitsplätze ersetzen könnte oder generell das Wissensmanagement für sie nur zusätzliche Arbeit bedeutet, ist präsent.
Oft gibt es aufgrund von möglichen Datenschutzverletzungen und Schutz von Intellectual Property nur firmeninterne Systeme. Hier habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass die Ergebnisse dort nicht so gut waren.

Wie begegnest du Vorbehalten gegenüber KI im Wissensmanagement?

Vorbehalte sind normal, insbesondere bei technologischen Neuerungen. Der Schlüssel liegt darin, die Unternehmenskultur zu verändern und das Wissensmanagement demokratischer zu gestalten. Durch den Einbezug der Mitarbeitenden in die Gestaltung der Arbeitsprozesse kann die Akzeptanz maßgeblich erhöht werden.
Ich betone stets die Notwendigkeit von lebenslangem Lernen und der Anpassung an neue Technologien. Die Menschen sollten verstehen, dass Technologie darauf abzielt, menschliche Fähigkeiten zu ergänzen und Prozesse zu optimieren, nicht aber Menschen zu ersetzen.
Das ist eben auch ein Changeprozess und braucht seine Zeit. Sinnvoll ist es, mit Firmeninfluencern und Meinungsbildnern zusammenzuarbeiten, die dann den anderen Mitarbeiten helfen können. Außerdem sollte die Führungsebene das Thema gezielt fördern, ohne von oben herab Regelungen aufzuzwingen. Die Menschen müssen verstehen, dass Wissensmanagement ihre Arbeit erleichtert und nicht nur ein zusätzlicher Aufwand für sie ist.

Welche zukünftigen Möglichkeiten siehst du in der Nutzung von KI im Wissensmanagement?

Wenn erfahrene Mitarbeiter in den Ruhestand treten, ist es essenziell, deren Wissen nicht zu verlieren. Hier sehe ich eine vielversprechende Möglichkeit darin, das Erfahrungswissen ausscheidender Mitarbeiter durch spezialisierte KI-Modelle zu bewahren. Dies wäre besonders im Ingenieurwesen von Vorteil, wo sich Erfahrungswerte über Jahre akkumuliert haben. Wenn Erfahrungswissen über den Erfolg eines Projekts entscheidet, könnten maßgeschneiderte KI-Modelle den Wissenstransfer erleichtern. Das gleiche Konzept könnte auf historische Projektmanagement-Daten und andere geschäftskritische Informationen angewendet werden, um wertvolles Wissen auch nach dem Ausscheiden erfahrener Mitarbeiter im Unternehmen verfügbar zu halten. Ebenso könnten AI-gestützte Bots dazu beitragen, häufig gestellte Fragen zu beantworten, was letztlich Ressourcen spart und die Effizienz steigert.

Wie ist deine generelle Einstellung zur KI-Unterstützung im persönlichen Wissensmanagement?

Je mehr Technologien den Arbeitsalltag erleichtern, desto besser. Ich finde aber auch, man darf auch das selber denken nicht vergessen und sollte sich überlegen im persönlichen Wissensmanagement: Was möchte ich noch lernen, was ist mein Ziel und welches Wissen brauche ich dazu? Damit man nicht verblödet, ganz einfach ausgedrückt.

Über Sabrina Wagner

Sabrina Wagner ist Expertin für Wissensmanagement und unterstützt Unternehmen dabei, ihr Know-how effektiv zu strukturieren und nachhaltig zu nutzen. Mit ihrer Erfahrung in Forschung, High-Tech-Industrien und strategischem Consulting entwickelt sie maßgeschneiderte Lösungen für Ingenieure und Wissenschaftler.

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