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5 Mythen über persönliches Wissensmanagement: Stimmt das?

Fragst du dich auch manchmal, ob du dein Notizsystem überarbeiten solltest? Ob deine Ordnerstruktur perfekt ist, ob du kreativ genug bist oder ob du überhaupt ein System brauchst – schließlich gibt es ja jetzt KI! Diese Zweifel sind total normal und ich kenne sie nur zu gut. Ich bin auch über einige von ihnen gestolpert. Heute möchte ich über fünf weit verbreitete Glaubenssätze zu einem PKM-System schreiben. Lass sie uns aus dem Weg räumen!

PKM-Mythos 1: Ich brauche eine perfekte Organisation.

Als ich mein zweites Gehirn gestartet habe, dachte ich, dass es eine gute Idee ist, einer Methodik zu folgen. Möglicherweise ist es das auch für den Anfang. Aber ich habe sie nicht lange eingehalten. Dann hat mich das immer wieder blockiert. Mal schnell eine Notiz machen? Irgendwie dachte ich, ich brauche dafür Zeit am Rechner, damit es nicht zu chaotisch wird. So habe ich irgendwann gemerkt, dass es für mich nicht hilfreich ist, feste Regeln einzuhalten. Was für andere passt, ist sehr oft ein interessante Inspiration, aber ich empfehle nicht, ein System 1:1 zu übernehmen. Was für dich passt, ist hochgradig individuell. Deine Methode wird von deinen persönlichen Vorlieben, deinem Arbeitsstil, deinen Projekten, Lebensphasen und Zielen beeinflusst. Herauszufinden, was für dich passt, ist ein Ausprobieren und immer wieder verbessern.

Für viele ist es aber so: Perfektionismus blockiert den Start und die regelmäßige und vor allem spontane Nutzung. Dabei sind erste Schritte viel wichtiger als die perfekte Ordnerstruktur oder ausgeklügeltes Reporting. Ich finde: Die Hürde für das tägliche Schreiben muss so klein wie möglich sein. Das

  • in welchen Ordner soll das?
  • ich muss noch die Metadaten pflegen
  • meine Notizenstruktur muss eingehalten werden

blockiert und kostet Zeit, die ich gar nicht immer habe.

Wenn ich unterwegs auf dem Handy schnell etwas tippe, ignoriere ich oft sogar Groß- und Kleinschreibung und Interpunktion. Was mir beim Schreiben mit der Tastatur nie einfallen würde und was mich auch beim Lesen stört (oder gestört hat?), habe ich mit der Zeit über Bord geworfen. Weil ich es wichtiger finde, meine Gedanken niederzuschreiben, bevor ich sie vergesse. Oder unterbrochen werde. Falls du Elternteil bist, kennst du das sicher: Man muss einfach noch effizienter und manchmal auch unperfekter werden als vorher. Bekomme ich die Notiz dann in einer ruhigen Minute auf den Bildschirm, korrigiere ich das natürlich😉 Dass persönliches Wissensmanagement manchmal chaotisch wirkt, sollten wir normalisieren. Das gehört für viele zum Prozess:-)
Dazu kommt: Dein System sollte sich mit dir und deinen Bedürfnissen und Themen weiterentwickeln.
Manche Dinge machen nur vorübergehend Sinn, andere müssen sich noch entwickeln.
Ich passe z.B. regelmäßig meine Plugin-Nutzung in Obsidian an. Manche Plugins haben mir gute Dienste geleistet, aber aktuell brauche ich sie nicht. Manche Möglichkeiten habe ich auch noch gar nicht kennengelernt und andere ausprobiert, aber wieder verworfen. Zum Beispiel habe ich eine Zeit lang sehr intensiv das Kanban-Plugin genutzt. Irgendwann bin ich davon weggegangen und nutze aktuell Zenkit für meine Tasks. Aktuell sehe ich keine Notwendigkeit für mich, das in meinem PKM-System zu haben und es gibt dafür dann eben spezialisierte und vielleicht passendere Tools. Vielleicht ändert sich das irgendwann wieder. Denn das einzige, wobei ich mir ziemlich sicher bin, ist: Die perfekte Organisation gibt es für mich nicht, sie wird sich immer wieder ändern und den aktuellen Umständen und Bedürfnissen anpassen.

PKM-Mythos 2: Ich bin nicht kreativ genug, um eigene Ideen zu entwickeln.

Wenn ich vor dem Rechner sitze und etwas schreiben soll, klappt es nicht immer gleich. Das Anfangen fällt mir schwer. Auch dadurch dachte ich früher, ich wäre nicht kreativ. So geht es auch anderen Menschen. Dir auch? Nicht umsonst hat das auch einen Namen: Die Angst vor dem leeren Blatt.
Dabei entsteht Kreativität oft auch durch die Verknüpfung von vorhandenen Informationen und nicht aus dem Nichts. Dafür ist es hilfreich, wenn wir Notizen machen, darüber nachdenken, sie verknüpfen und immer wieder kritisch hinterfragen. Wenn wir diese Vorarbeit leisten, hilft uns das dabei, eigene Ideen zu entwickeln und kreativ zu sein.
„Aber ich habe gar nichts interessantes aufzuschreiben, es gibt doch alles schon!“
Ich finde, dass die eigene Perspektive und die Kombination deiner Themen immer einzigartig sind, auch wenn diese Themen vermeintlich schon „erschöpfend“ behandelt wurden. Auch kleine, persönliche Einsichten können wertvoll für dich sein. Und darum geht es auch: Dass deine Notizen für dich wertvoll sind. Denn persönliches Wissensmanagement ist nicht nur dafür da, Neues zu „produzieren“, sondern vor allem für Klarheit für dich selbst.

PKM-Mythos 3: Ich muss Wissen nicht mehr selbst aufschreiben – KI liefert mir alles, was ich brauche.

Intelligente Suchfunktionen und KI-Chatbots sind sicher hilfreich und krempeln unsere Art zu Arbeiten in vielen Bereichen ordentlich um. Sie bieten schnellen Zugang zu Informationen, aber: sie bilden die Einsichten anderer ab. Nicht deine.
KI ersetzt nicht das Aufschreiben, Reflektieren, Vergleichen und Verknüpfen deiner Gedanken. Das hilft dir nämlich nicht nur beim Verständnis, sondern auch dabei, komplexe Zusammenhänge zu erkennen, nachhaltig zu lernen und – siehe oben – eigene Ideen zu entwickeln.
KI kannst du dabei als Werkzeug oder Sparring Partner nutzen, aber nicht als Ersatz für deinen eigenen Denkprozess. Nutze KI für Suchen oder als Sparring Partner, lasse dir Vorschläge für Kategorisierungen oder auch Vergleiche geben. Aber nur wenn du am Ende selbst ordnest, bewertest und verknüpfst, entsteht aus bloßer Information wirklich dein Wissen. Erst dadurch kannst du Muster erkennen, kreative Verbindungen herstellen und neue Einsichten gewinnen, die über die Informationen hinaus gehen, die KI dir liefert.
Dieses Prinzip nennt sich „Human in the Loop“ – der Mensch bleibt bewusst Teil des Prozesses. Technik unterstützt, aber das Denken, Bewerten und Entscheiden bleibt immer deine Aufgabe.
Gerade im Wissensmanagement heißt das: KI kann Vorschläge machen oder Informationen liefern, aber du entscheidest, was relevant ist, wie du es verarbeitest und welche Schlüsse du daraus ziehst.

PKM-Mythos 4: Ich brauche kein System – ich kann mir alles merken.

Ich glaube, ich kann mir schon vieles merken – aber definitiv nicht alles. Eine schnelle Idee im Alltag, wenn ich eigentlich mit etwas anderem beschäftigt bin, ist mir früher öfter durch die Lappen gegangen.
Das „Cognitive Offloading“ ist eine wichtige Aufgabe unseres PKM-Systems. Damit ist gemeint, dass wir Dinge aufschreiben und damit aus unserem Gehirn auslagern, um unser Denken zu entlasten. Damit reduzieren wir nicht nur Stress, sondern haben auch Platz für neue Ideen und Problemlösungen: Wir werden also kreativer.
Das heißt nicht, dass wir absolut alles „auslagern“ sollten – ich glaube, insbesondere mit unseren technischen Möglichkeiten ist es auch wichtig, da eine Balance herzustellen. In ihrem Vortrag beim PKM Summit (meine wichtigsten Punkte dazu findest du im Monatsrückblick März) hat Marieke van Vliet zum Beispiel dafür plädiert hat, dass es im Prozess auch Reibung braucht.
Und: Dinge aufzuschreiben verbessert auch das Verständnis. Durch das Arbeiten mit unseren Notizen werden Gedanken klarer, wir vergleichen und hinterfragen mehr. Idealerweise beschäftigen wir und dadurch intensiver mit bestimmten Themen, statt an der Oberfläche zu kratzen.

PKM-Mythos 5: Ich muss möglichst viele Informationen sammeln

Mehr ist nicht immer besser. Zu viel Informationen können zum Information Overload führen. Sie überfordern uns und können dadurch unsere Entscheidungen sogar verschlechtern. Bei einem Notizsystem geht es nicht darum, Informationen zu horten, sondern das eigene Wissen aufzuschreiben, damit zu arbeiten und es weiterzuentwickeln.
Filter sind dafür entscheidend. Wir sollten nicht zu leichtfertig Informationen in unser System aufnehmen.
Ich höre schon: „Ok, aber hast du oben nicht geschrieben: Die Hürde muss klein sein“? Ja – aber das gilt aus meiner Sicht vor allem für unsere eigenen Gedanken. Was wir begrenzen sollten, ist das „horten“ von Informationen, die von außen kommen und die wir nicht oder nur minimal bearbeitet haben. Beispielsweise, indem wir Dateien einfach ablegen, die wir nur oberflächlich gelesen haben. Oder das Speichern von Highlights – das ist mit verschiedenen Apps ja super einfach. Einfach im E-Book oder auf einer Webseite markieren und direkt ins Notizsystem übertragen lassen. Das kann natürlich manchmal hilfreich sein, aber die Gefahr ist, dass wir zu viel aufnehmen, uns aber nur oberflächlich damit beschäftigt haben. Ich bin super anfällig für großzügiges Markieren, deswegen nutze ich solche Tools nur sehr sparsam. Statt endlos zu sammeln, kann es hilfreicher sein, bestehendes Wissen zu reflektieren und regelmäßig zu überprüfen.
Das wird mit intensiverer KI-Nutzung sogar noch wichtiger – denn alles, was wir einfach recherchieren können, brauchen wir nicht in unserem System, wenn wir nichts damit machen. Der wirkliche Wert für uns persönlich entsteht oft erst dann, wenn wir Neues in bestehende Zusammenhänge einordnen.

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